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  • Gerold Schlegel

Kurz- und langfristiges Verhalten am Beispiel Landwirtschaft

Aktualisiert: 25. März 2021

Alte Methoden stärken den Boden. Hier im Süden von Tansania - Njombe

Der Begriff «Tragik der Allmende» bringt es auf den Punkt. Bei Schweizer Bauern sind Allmende-Rechte oft bei der Nutzung von Wiesen-, Holz-, Wasser- oder Alprechten sichtbar. Die Bauern haben dann das Recht der Nutzung und die Pflicht des Unterhaltes. Ohne den Unterhalt und bei maximaler Nutzung sind ihre Rechte innert kürzester Zeit zerstört, die Allmende wird unbenutzbar. Die Verpflichtung des Unterhaltes ist selbstverständlich, um das Ganze zu erhalten. Und sie ist in keinem Gesetz geregelt. Die Verpflichtung funktioniert freiwillig. Soziale Kontrolle, Werte, Traditionen und Bräuche reichen aus. Sie ist mit keiner Berechnung der Wirtschaftlichkeit zu unterlegen.

Über die Jahre wird sich ein natürliches Gleichgewicht zwischen Pflichten und Rechten herstellen.

Das Prinzip der Allmende funktioniert schon Jahrhunderten. Doch die Veränderung des Allmende-Prinzips schreitet rasend schnell voran. Viele Wirkungen auf Bauernhöfen finden im Verborgenen statt. Die Schäden sind vermeintlich unsichtbar. Mit Blick auf die allgegenwärtigen Tendenzen zur Monokultur ist das Unsichtbare zu erkennen. Hier einige Herausforderungen der heutigen Landwirtschaft:

  • ungelöste Nachfolge

  • Zunahme von Betriebsaufgaben

  • Zusammenlegung von Bauernhöfen

  • Kostendruck und Auflagen der Grossabnehmer in der Produktion

  • Häufung von Lärm- und Geruchsklagen auf dem Lande (Gülle, Kuhglocken…)

  • Andere Einflüsse auf den Betrieb (Umwelt, Produktion, Modeerscheinungen…)

Das alles führt dazu, dass immer mehr Bauernbetriebe Pachtland zum eigenen Besitz dazu mieten. Und genau hier ist einer von vielen anderen Knackpunkten, die den heute noch unsichtbaren und wenig beachteten Schaden beim Pachtland anrichten:

  • Der Umgang mit einem Pacht-/Mietobjekt ist ein anderer als der mit dem eigenen Besitz

  • Die Anreize von Subventionen und Beiträgen schaffen neue Ungleichgewichte

  • Diversität nimmt ab, Monokultur und Düngereinsatz nimmt zu

  • Langfristiges Denken und Verhalten bei der Bewirtschaftung nimmt ab

Reisfeld in der Region von Bicol auf den Philippinen.

Setzlinge für das Dorf neben der Malawi Makuzi Beach Lodge in Malawi - Vielfalt und Langfristigkeit ist das Programm. Dorfbewohner kriegen die gezogenen Setzlinge kostenlos. Die Ernte daraus können sie in der Lodge verkaufen

Der Durchschnitt ist der Massstab. Denn der Durchschnitt wird heute in der Schule gestärkt und gefördert. In den Fächern in denen der Schüler oder Student spitze ist, muss der Einzelne nichts bis wenig tun. In den Fächern wo die Schwäche sitzt wird gebüffelt und Nachhilfeunterricht organisiert. Die Konsequenz die Fähigkeiten und stärken verkümmern und die Schwächen werden ausgeglichen. Das Resultat Durchschnitt. Markus Hengstschläger hat das in seinem Buch – Die Durchschnittsfalle – detailliert dargestellt.

Derselbe Vorgang findet ebenfalls in der Landwirtschaft bei der Nachfolge von Bauernhöfen statt. Früher war der Erstgeborene oft derjenige, der den Hof übernahm. Doch Achtung: auch Bauern wollen als Firmeninhaber das Beste für ihren Betrieb. Und das bekommen sie, wenn sie den Fähigsten bestimmen. Heute ist es die Regel, dass derjenige den Hof übernimmt, der in haben will. Die Fähigsten gehen studieren und machen Karriere. Ein Landwirt zu sein, ist keine Karriere in den Augen der statusgetriebenen Konsumgesellschaft. Deshalb ist der Bauer erleichtert, wenn er einen Nachfolger bestimmen kann. Somit geht der ganze Wahnsinn weiter. Denn die Anreize der Subventionen verführen die Landwirte dazu, Dinge zu tun, die sie nur der geldwerten Anreizen wegen tun. Die Verbände und politischen Vertreter verstärken dieses Verhalten, da sie eher und realistischer die Interessen der Geldgeber vertreten. Die Hand die mich füttert wird selten gebissen.

Hier seien zwei Vertreter von Vielfalt und Langfristigkeit vorgestellt: Sepp Holzer und Erwin Thoma. «Querkopf» ist heute schon fast ein Schimpfwort, trotzdem wünsche ich mir mehr Menschen die sich langfristig ausrichten und weniger den geldwerten Anreizen folgen.

Der Agrar-Rebell Sepp Holzer vom Krameterhof im «Sibirien Österreichs» hat gezeigt, was machbar ist. Sein Hof, den heute sein Sohn bewirtschaftet, strotzt vor Vielfalt der Tiere, Pflanzen und den Wasserauffangbecken. Alles ohne Dünger und mit verblüffend einfachen, längst vergessenen Techniken. Es gedeihen Früchte, die auf einer Höhe von über 1'000 Metern kaum wachsen, weil sie in südlichen Gefilden zu Hause sind. Die spezielle Herangehensweise und das Beachten der Grundprinzipien der Permakultur machen das realisierbar (Sepp Holzer – Permakultur in Land- und Forstwirtschaft).

Der andere ist Erwin Thoma, ein Tausendsassa auf dem Gebiet des Holzes. Sein Vortrag bei der Eröffnungsfeier vom «Chienehuus» im Kiental (Kanton Bern) ist auf YouTube zu finden und sehr zu empfehlen. Danach habe ich mehr über Bäume gewusst, als all die Jahre zu vor. Ich bin heute 58 Jahre alt. Sein Buch «Die geheime Sprache der Bäume» kann ich ebenfalls empfehlen. Das erste Holzhaus, das ohne Heizung auskommt und komplett autark ist, basiert auf seinem Wissen.

Langfristiges Denken und die Bewahrung von Vielfalt wie Sepp Holzer und Erwin Thoma es zeigen – so kann Allmende funktionieren und hat über Jahrhunderte funktioniert. Kurzfristiges Streben nach dem eigenen Vorteil, nach Gewinn, ohne Erkennen der gemeinsamen und damit auch eigenen Verantwortung zerstört letztendlich das Gemeingut Allmende und macht den Weg frei für Monokultur. Sei es in der Landwirtschaft, der Orts- und Bauplanung und natürlich auch beim Thema Vermögen und Vermögensschutz.

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